Geschichten aus Kati´s Kräuterküche – Nachtkerze

Spektakel der Dämmerung

Das Schauspiel welches die Oenothera biennis bietet, offenbart sich all denen die in der Dämmerung noch unterwegs sind. Der Name ist Programm und so öffnen sich die zitronengelben Blüten bei Anbruch der Dämmerung. Die vier Blütenblätter sind leicht gezahnt und stehen in endständigen, dicht belaubten Trauben zusammen. Das Aufblühen der Pflanze geschieht innerhalb weniger Minuten in einer wunderschönen, fließenden Bewegung und ist ein besonderes Spektakel das ich sehr empfehlen kann.

Mit ihrem intensiven, süßlichen Duft ziehen sie die verschiedensten Nachtfalter an, welche dann die Bestäubung übernehmen. Unglaublich was Nachts an Insektenvielfalt um dieses Kraut schwirrt, eine wahre Freude für Lepidopterologen.

Zu finden ist die essbare Wildpflanze vor allem auf trockenen und sandigen Böden und oft auf brachliegenden Flächen. In Stemwede ist die Heilpflanze an einigen Bahndämmen und an vielen Böschungen zu finden.

Gesammelt werden können alle Pflanzenteile, welche von Juni bis in den Oktober wachsen. Die Blüten werden idealerweise am frühen Morgen, nach Abtrocknen des Taus, gesammelt, in lockeren Schichten an einem luftigen, schattigen Ort für 7 bis 14 Tage trocknen gelassen und dann luft und lichtgeschützt aufbewahrt. Als Tee getrunken hat sie krampflösende, hustenlindernde sowie beruhigende und entzündungshemmende Wirkung. Zudem ist sie immunmodulierend, kann also dazu dienen unerwünschte Immunanworten zu dämpfen und erwünschte, lebensnotwendige anzuregen.

Die geschlossenen Blütenknospen und die geöffneten Blüten sind über Salate oder Desserts gestreut eine Delikatesse. Die Knospen kann man auch roh knabbern oder in Öl anschwitzen. Im Geschmack sind sie angenehm mild-süßlich.

Die nach Mangold schmeckenden Blätter werden im Frühling geerntet, und zwar bevor im April der Blütenstängel erscheint. Man nutzt sie für Suppen oder als spinatähnliches Gemüse. Die zweijährige Pflanze wächst im ersten Jahr als flache, auf dem Boden liegende Rosette. Erst im zweiten Jahr entwickelt sich der Blütenstängel, der bis zu 2 Meter Wuchshöhe erreichen kann.

Richtig bekannt geworden als Medizin, ist die Nachtkerze als man im ölhaltigen Samen die wertvolle Gamma-Linolensäure entdeckte. Das Nachtkerzenöl enthält etwa 10 Prozent davon. Keine andere Pflanze hat einen so hohen Anteil. Die essentielle Gamma-Linolensäure ist im Körper an der Bildung hormonähnlicher Substanzen (Prostaglandine) beteiligt. Aus diesem Grund entfalten sie ihre vielseitige gesundheitliche Wirkungen: Sie unterstützen das Immunsystem und bewirken eine Senkung des Cholesterinspiegels und des Blutdrucks. Man nutzt das Nachtkerzenöl äußerlich und innerlich bei Neurodermitis, rheumatischen Beschwerden, Prämenstruellem Syndrom, bei Wechseljahresbeschwerden sowie zur Vorbeugung von Herz- und Gefäßerkrankungen.

Wer nun Lust verspürt selbst Nachtkerzen anzubauen, der kann im Herbst die zahlreichen, länglichen Samenkapseln absammeln, trocknen und im Frühjahr auspflanzen. Eine Samenkapseln kann bis zu 300 kleine Samen enthalten.

Die Wurzel, welche von November bis März geerntet wird, war lange Zeit ein geschätztes Gemüse, das man damals Rapontika nannte. Ein altes Sprichwort behauptet, dass ein Pfund der Nachtkerzenwurzel so viel Kraft gebe, wie ein 1 Zentner (=50 kg) Ochsenfleisch. Einem alten Brief ist zu entnehmen, das sogar Johann Wolfgang von Goethe seine Frau 1810 den Samen im Garten aussäen ließ. Leider wurde das „Kraftgemüse“ von modernen Züchtungen aus dem Gemüsegarten verdrängt.

Die rübenartige Wurzel erinnert geschmacklich etwas an Schwarzwurzeln und besitzt eine leichte Schärfe. Im Volksmund wurde sie Schinkenwurz genannt, weil sie sich beim Garen rötlich verfärbt. Man kann sie als Gemüse zubereiten, in dem man sie mit angebratenen Zwiebeln und Pastinaken in Gemüsebrühe dünstet.

Ursprünglich stammt die Nachtkerze aus den gemäßigten Klimazonen Mittel und Nordamerikas und kam mit den ersten Siedlern im 17. Jahrhundert über das Meer. Von den Algonkin-Indianern ist bekannt, das sie die zerstampften Samen als Breiauflage bei Hauterkrankungen nahmen und die Irokesen behandelten damit Geschwüre. Die Navajos bevorzugten die Blüten bei Erkältungen und Husten.

Als Zierpflanze kam sie dann in unsere Gärten. Inzwischen ist das Kraut als Neophyt in ganz Europa zu finden und obwohl sie in Bestimmungsbüchern selten unterschieden werden, sind in unserem Land 50 verschiedene Sorten bekannt. Für die von mir beschriebenen Zwecke sind allerdings alle Arten nutzbar, so das eine genaue Bestimmung nicht notwendig ist.

Rezept für Nachtkerzenöl

Um das wertvolle Öl selbst herzustellen werden 50ml Mandel oder Kokosöl und 15 g Nachtkerzensamen benötigt.

Zubereitung:

Zunächst werden die kleinen braun-schwarzen Samen aus den Kapseln gelöst, in einem Mörser pulverisiert und dann dem Öl zugefügt. In einen Mixer ist das zerkleinern auch mit dem Öl möglich.

Öl und Samen werden nun im Wasserbad auf 50° C erwärmt und 2 Stunden lang ausgezogen.

Danach lässt man die Mischung durch ein feines Tuch laufen und füllt es in kleine dunkle Flaschen mit Tropfausgießer oder Pipettendeckel. Kühl gelagert hält sich das Öl 3 Monate und wer die Haltbarkeit verlängern möchte gibt noch 10 Tropfen Propolistinktur hinzu.

Das Öl wirkt entzündungshemmend, juckreizstillend und hautregenerierend und wird bei Neurodermitis verwendet. Es kann sehr sparsam eingesetzt werden, indem man die betroffenen Hautstellen betupft und dann leicht einmassiert. Für die innerliche Einnahme wird es teelöffelweise in Salatsoßen, Müsli oder Quarkspeisen gemischt.

Autorin: Katja Tralle

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